Ostwind in Swakopmund

Ostwind in Swakopmund

Wo Wüste und Meer sich begegnen, liegt Swakopmund. Die ehemals wichtigste Hafenstadt Deutsch-Südwestafrikas wird an drei Seiten von der Namib umgeben und öffnet sich nach Westen zum Atlantik. Swakopmund ist die "deutscheste" und mit rund 44.000 Einwohnern viertgrößte Stadt Namibias. Hier findet Ihr bekannte Sehenswürdigkeiten wie Hohenzollernhaus, Woermannhaus, das historische Lokomobil "Martin Luther", die restaurierte hölzerne Landungsbrücke "Jetty" und die Kristallgalerie, ein geologisches Museum, das den größten bekannten Quarzkristall der Welt beherbergt. Ein besonderes Wetterphänomen ist in Swakopmund ebenfalls berühmt und gefürchtet zugleich:

 

Der Ostwind

Stellt Euch vor, Ihr spaziert die Bismarckstraße entlang, um das Woermannhaus zu fotografieren. Der Wind frischt auf und bringt eine Art gelben Nebel mit sich, der das Fachwerkhaus zu verschlingen scheint. Es fühlt sich an, als würden tausend feinste Nadeln Eure Haut treffen. Die winzigen Sandpartikel knirschen zwischen Euren Zähnen, setzen sich in Nase, Ohren und unter Eurer Kleidung fest. Höchste Zeit, in ein Gebäude mit gut schließenden Türen und Fenstern zu flüchten. Ostwind ist eine viel zu harmlose Bezeichnung für den gefürchteten Sandsturm, der Swakopmund regelmäßig im Juli oder August, dem namibischen Winter, heimsucht. Der heulende Ostwind trägt nicht nur den Sand der Namib in die Stadt, deckt Straßenmarkierungen zu und bildet dünenförmige Gebilde im Rinnstein. Palmwedel schwingen hin und her, als wollten sie abreißen, Fensterläden klappern so laut, als würden Diebe oder böse Geister daran rütteln. Mit seiner Kraft schafft der Wüstensturm es, Ziegel von den Dächern zu reißen, Äste von den Bäumen zu brechen und Holzzäune und Gartenmauern umzuwerfen.

 

 

Wie entsteht der Ostwind?

Namibia liegt im Grenzbereich zwischen Passatsystem und Westwindsystem. Wird es Winter auf der Südhalbkugel, dringen von Westen feuchte atlantische Luft und von Süden polare Kaltluft ein. Beide gemeinsam können einstellige Temperaturen und sogar Minusgrade und Schneefall ins Hochland bringen. In Swakopmund wird es nicht ganz so eisig, dafür legt sich feuchtkalter Nebel wie eine schwere ungemütliche Decke über die Stadt. Ist der Südostpassat jedoch kräftig genug, um weit nach Westen vorzudringen, regnet er sich über der in rund 1.000 Meter Höhe gelegenen Kalahari ab. Von hier setzt er seine Reise nach Westen als heißer Fallwind fort. Auf seinem Weg dorthin nimmt er jede Menge feinsten Wüstensand auf und erreicht damit als Ostwind Swakopmund und Walvis Bay. Hier lässt er nicht nur überall feinste Sandpartikel zurück, sondern vertreibt auch die feuchtkalte Atlantikluft und lässt die Temperaturen kurzzeitig bis auf 40° steigen.

 

Ruhe nach dem Sturm

So gefürchtet der Ostwind auch ist, die Tage danach oder davor sind umso beliebter. Zwar lässt sich der namibische Winter nicht mit dem in Europa vergleichen, aber Tagestemperaturen von unter 20 °C fühlen sich in Namibia ähnlich an, wie in Deutschland die ersten Frosttage. Umso willkommener ist der Temperaturanstieg, den der Ostwind mit sich bringt. Der für den Winter typische Nebel verzieht sich, die Alten atmen auf und dehnen die plötzlich schmerzfreien Gelenke. Die Bewohner der Stadt genießen die Illusion sommerlicher Leichtigkeit. Spontane Verabredungen zum Braai, der namibischen Variante des Grillens, Cocktails und kühles Bier am Strand und bezaubernde Sonnenuntergänge lassen die Menschen entspannen und sich von den Strapazen des Ostwindes erholen. Wenn es nach wenigen Tagen wieder kühler wird, ist immer noch Zeit, den feinen Wüstensand aus sämtlichen Ritzen und Fugen des Hauses zu putzen.

 



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